Impfungen auch für Tiere?

Impfungen auch für Tiere · Foto: Pixabay

Die Zahl der Impfstoff-Projekte für die Anwendung am Menschen steigt stetig. Es sind weltweit klinische Studien für die Anwendung am Menschen bei über 100 Impfstoffkandidaten in Durchführung. Ein Teil dieser Impfstoffe befinden sich in fortgeschrittener klinischer Entwicklung, ein Teil in Phase 4 Studien (klinische Studien nach der Zulassung). Der Rest der Impfstoffkandidaten befindet sich noch in früheren Phasen der klinischen Entwicklung. Es gibt also bereits einige Impfstoffe, die sich in Phase 3 bzw. Phase 4 der Entwicklung befinden. Bei den Impfstoffen handelt es sich beispielsweise um mRNA-Impfstoffe (z.B. BioNTech/Pfizer, Moderna), Vektor-Impfstoffe (z.B. Oxford/AstraZeneca, Johnson & Johnson, CanSino, Sputnik V) oder Impfstoffe mit inaktivierten Viren (z.B. Covaxin, Sinovac, QazCovid-in, CoviVac).

Da immer mehr verschiedene Impfstoffe für Menschen zur Verfügung stehen (am 21.12.2020 wurde bereits in der EU der erste Impfstoff beim Menschen zugelassen), kamen Diskussionen über den Einsatz dieser oder ähnlicher Vakzine auch bei Tieren auf. Da Tiere jedoch im Infektionsgeschehen bzw. Pandemiegeschehen keine zentrale Rolle spielen, besteht aus Public Health – Sicht keine Veranlassung dafür. Aus einigen Ländern (z.B. USA, Russland, Australien) ist jedoch bekannt, dass schon seit geraumer Zeit an Tiervakzinen gearbeitet wird. Im Sommer 2020 nutzten Wissenschaftler in Colorado (USA) Schwarzfußiltisse (Mustela nigripes) zur Testung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2. Die Art, die wie die Nerze zur Familie Mustelidae gehören, ist vom Aussterben bedroht und wird daher als „vulnerable Spezies“ eingestuft (https://globalbiodefense.com/2020/12/23/at-risk-of-extinction-black-footed-ferrets-get-experimental-covid-vaccine/).

Zudem ist die Befürchtung, dass die großen Affen von SARS-CoV-2 empfindlich getroffen werden, könnten, sicherlich zu berücksichtigen. Für solche Tiergruppen gilt, dass Präventionsmaßnahmen jetzt das Maß aller Dinge sein müssen, zum Schutz der Menschen vor neuen Virusvarianten und zum Schutz der Tiere vor Infektionen durch die Menschen. Ein Zoo in San Diego in den USA hatte bereits 2020 Menschenaffen mit einem speziell für die Tiere entwickel­ten Impfstoff geimpft. Tierimpfungen im großen Stil wurden bislang jedoch nicht durchgeführt.

In Russland wurde im März 2021 ein Coronaimpfstoff für Tiere zugelassen (Carnivac-Cov). Seit Oktober 2020 wurde das Vakzin unter anderem an Hunden, Katzen, Füchsen und Ner­zen getestet. Bei allen mit „Carnivac-Cov“ geimpften Tieren seien auch Antikörper nachgewiesen worden. In einigen russischen Regionen wurde im Frühjahr 2021 mit dem Impfen von Haustieren begonnen. Diensthunde des Militärs wurden vor einer Parade im Mai 2021 bereits geimpft.

Die Impfstoffentwicklung für Tiere wurde wohl (auch) vor allem für den Einsatz in Pelzfarmen vorangetrieben. Zudem wird immer wieder angeführt, dass somit tierische Reservoire mit Auswirkung auf die Pandemie verhindert werden können. Bestätigte Fälle für eine (Rück-) Übertragung eines etwa im Haustierreservoir mutierten Virus` existieren bislang nicht. In der EU gibt es (Stand Mai 2021) keinen für Tiere zugelassenen Impfstoff.

Anfang Juli 2021 wurden im Oakland Zoo bei San Francisco, USA, Tiere geimpft. So erhielten Raubkatzen (Tiger, Berglöwen), Bären (Schwarzbären und Grizzly-Bären) und Frettchen ihre ersten Impfungen gegen SARS-CoV-2. Hierbei kam ein experimenteller Impfstoff zum Einsatz. Als nächstes sollen die Primaten und Schweine geimpft werden.

Im San Diego Zoo (USA) wurde bereits im Juni 2021 ein experimenteller Impfstoff (von Zoetis) an bedrohte Tierarten verimpft, die auch an SARS-CoV-2 erkranken können, wie beispielsweise Primaten und Großkatzen.

In Finnland wurde im Oktober 2021 begonnen Nerze gegen COVID-19 zu impfen. Ein experimenteller Impfstoff soll verwendet werden. Bis Dezember soll die Impfung erfolgen, dann erfolgt eine Neubewertung.

Update 14.12.2021

Im San Diego Zoo und Safari Park in den USA haben bereits etwa 260 Tiere bis Mitte Dezember 2021 eine Impfung gegen die SARS-CoV-2 Infektion erhalten. Aufgrund der gemeldeten Infektionen und Todesfälle bei Zootieren hat der Schutz der wenigen Zootiere eine hohe Priorität.

Die Entwicklung von Vakzinen für Tiere dauert deutlich kürzer im Vergleich zur Entwicklung von Vakzinen für Menschen.

Die US-Firma Zoetis ist eine der Firmen, die Impfstoffe für Tiere entwickelt hat. Bereits im Februar 2020 haben die Mitarbeiter von Zoetis damit begonnen, an einer Vakzine zu arbeiten. Das war in etwa die Zeit, als ein positiver SARS-CoV-2 Nachweis bei einem Hund in Hund in Hong Kong gemeldet wurde. Es folgte eine „in house“ – Studie mit 15 Katzen und 15 Hunde. Weniger als 12 Monate später wurde der Impfstoff bereits zum ersten Mal bei Zootieren im San Diego Zoo angewandt – und zwar bei Bonobos, Gorillas und Orang-Utans, nachdem bei 8 Gorillas im San Diego Safari Park eine Infektion nachgewiesen wurde. Die Impfdosen bestehen aus einer Untereinheit rekombinanten Vakzine, die eine synthetische Version des SARS-CoV-2 Spike Proteins nutzt und einem bereits bei früheren Impfentwicklungen von Zoetis eingesetzten Adjuvans. Die beiden nötigen Impfdosen werden in einem Abstand von 2 Wochen verabreicht (und das mit einer Dosierung, die interessanterweise unabhängig vom Gewicht des zu impfenden Tieres ist). Mittlerweile wurden mit dieser Vakzine USA-weit etwa 100 Tierarten in Zoos und Wildlife-Parks geimpft, obwohl es immer noch den Status einer experimentellen Vakzine hat. Die beobachteten Nebenwirkungen sind sehr mild. Im Oktober 2021 wurden 3 bereits geimpfte Tiger SARS-CoV-2 positiv getestet. Diese erholten sich aber sehr schnell, was möglicherweise an der bereits erfolgten Impfung gelegen haben könnte.

Über russische Firmen und ihre Beteiligung bei der Entwicklung eines Impfstoffs für Tiere mit inaktivierten Viren haben wir bereits berichtet.

Eine US-italienische Entwicklung (Applied DNA Sciences and Evvivax) ist ebenfalls im Rennen. Deren Vakzine wurde zuerst für Katzen vorgesehen, soll jetzt aber auch für Nerze freigegeben werden.

Auch aus Finnland kommen Ende 2021 Meldungen über die Entwicklung einer Vakzine (FurcoVac von FIFUR) für Tiere, wohl vor allem für Nerze.

 

Aber welche Tierarten sollten geimpft werden?

Diese Entscheidung wird von den Zoobetreibern selbst getroffen. So wird im Granby Zoo in Kanada mit den großen Raubkatzen und den Gorillas begonnen, sobald die Zoetis-Impfung verfügbar ist.Die World Organisation for Animal Health (OIE) räumt zwar ein, dass es möglich ist Tier zu impfen, weist aber darauf hin, dass Haustiere keine signifikante Rolle bei der Übertragung von SARS-CoV-2 beim Menschen spielen (es gibt lediglich Einzelberichte, so beispielsweise von Nerzen auf Menschen). Daher bliebe auch eine „großflächige“ Impfung der Haustiere ohne Auswirkung auf die COVID-19 Pandemie. Möglicherweise sieht die Risikobewertung anders aus, wenn man beispielsweise Affenpopulationen betrachtet, die sich in Asien mitten in der Stadt mit Kontakt zu Menschen befinden.