Therapie­optionen:
Fazit und Ausblick

Leider muss man zum jetzigen Zeitpunkt (Mai 2021) feststellen, dass auf dem Gebiet der antiviralen Wirkstoffe gegen SARS-CoV-2 bisher kein Durchbruch gelungen ist. Insbesondere die bereits marktverfügbaren, oral applizierbaren Therapeutika, die für andere Indikationen zugelassen waren und im Rahmen eines „Re-Purposing“ auf ihre Wirksamkeit gegen SARS-CoV-2 untersucht wurden, haben – oft nach anfänglicher Euphorie – enttäuscht. Das trifft insbesondere für Hydroxychloroquin zu, das durch die öffentliche Empfehlung des früheren US-Präsidenten Trump einen Hype ausgelöst hatte. Nach heutiger Datenlage muss von einer vollständigen Unwirksamkeit des Malariamittels ausgegangen werden. Auch Remdesivir konnte die anfangs in das Mittel gesetzten Erwartungen nicht erfüllen. Zwar gibt es sowohl in den USA als auch in Europa jetzt eine Autorisierung für den Einsatz der Substanz im Rahmen des Härtefallprogramms, d. h. für stationär behandelte, schwer kranke Patienten, jedoch scheint Remdesivir – wenn überhaupt – nur dann einen statistisch signifikanten Vorteil zu bringen, wenn es in einem gewissen Zeitfenster eingesetzt wird, bevor die Patienten beatmungsbedürftig werden. Mit Remdesivir lässt sich daher die Zahl der hospitalisierungspflichtigen Patienten nicht reduzieren, möglicherweise aber die Zahl tödlicher Verläufe, wenn es rechtzeitig eingesetzt wird. Aber selbst das ist nach Veröffentlichung der Ergebnisse der WHO-Solidarity-Studie als strittig anzusehen. Keinesfalls verhindert jedoch die Substanz generell tödliche Verläufe. Einmal mehr haben die Erfahrungen gezeigt, dass Beobachtungsstudien, auf denen die anfängliche Euphorie für einige Substanzen beruhte, in die Irre führen können, und randomisierte, kontrollierte klinische Studien unverzichtbar sind.

Eine wirksame Substanz, die kurzfristig verfügbar, oral applizierbar (Tablettenform) und gut verträglich ist, Voraussetzungen, um zum Gamechanger in der Pandemie zu werden, fehlt nach wie vor. Die Hoffnungen ruhen nun diesbezüglich auf noch in klinischer Prüfung befindlichen Wirkstoff-Kandidaten, wie Proteasehemmern, AT-527 und Molnupiravir.

Augenblicklich ist überdies keine Einzelsubstanz in Sicht, mit der sich tödliche Verläufe bei COVID-19 sicher vermeiden lassen. Alle derzeit in der Praxis einsetzbaren Substanzen haben eine begrenzte Wirksamkeit, die nur unter bestimmten Rahmenbedingungen gegeben ist: Remdesivir hat – wenn überhaupt – nur einen Einfluss, wenn es rechtzeitig vor Eintreten der Beatmungspflicht gegeben wird. Auf ca. 30 Behandlungsfälle kann nach den optimistischen Studien ein Todesfall vermieden werden. Dexamethason kann in niedriger Dosierung bei geeigneten Patienten mit schweren und kritischen Verläufen gegeben werden und verhindert im Durchschnitt einen Todesfall auf 8 behandelte Fälle. Tocilizumab kann bei schweren Verläufen eingesetzt werden und hat vermutlich einen positiven Effekt auf die Letalität, jedoch fehlt noch der Nachweis in einer randomisierten klinischen Studie.